Hi, ich habe euch wieder warten lassen. Aber ich habe auch Urlaub 😉.
Aktuell sitzen wir am Flughafen in Doha und warten darauf, in die Maschine einsteigen zu dürfen.
So nutze ich die Zeit und schreibe mal ein wenig.
Der Tag über den ich jetzt schreibe ist Mittwoch, der 15.02.23 in AbuDhabi. Unsere letzte geplante Tour.
Um 9 Uhr startet unser Ausflug zur Falkenklinik. Sie wird schon seit mehr als 20 Jahren von einer deutschen Ärztin, Margit Müller, geleitet, die auch die Geschäftsführung inne hat. Während ihrer langjährigen Tätigkeit ist es ihr gelungen, zwei schwere Erkrankungen bei Falken zu erforschen und auch die geeignete, heilende Therapie dazu herzuleiten und einzuführen. Das hat ihr, neben ihrer hohen fachlichen Kompetenz am Operationstisch, die Anerkennung des Emirs zuteil werden lassen; darüber hinaus erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. In einer „Hall of Fame“ sind diese sehr eindrucksvoll ausgestellt. Sie hat einer Menge bekannter Persönlichkeiten die Hand geschüttelt.
Aber noch sind wir ja gar da ☝🏼.
Dieser Ausflug findet in „kleiner Gruppe“ statt. Das stellt sich im Bus auch so dar, unsere Reiseleiterin ist Gigi (call me „Dschidschi“). Sie ist Ägypterin, lebt in Dubai, ist am Morgen mit dem Auto gekommen, hat Germanistik studiert und spricht demzufolge auch sehr gut deutsch. Darüber hinaus ist sie frei schaffend für verschiedene Cruiseliner tätig. Sie hat eine Tochter, ist geschieden und alleinerziehend. Aber die Tochter ist nun 26 Jahre alt, heiratet im August in Kairo und Mama muss nun bald hin und die Aussteuer kaufen.
Falls ihr euch nun wundert, woher ich das alles weiß — nun, Dschidschi ist ausgesprochen redselig. Nachdem wir mehr als 20 Minuten über die gesamte Familiengeschichte informiert wurden, auch wissen wir, dass Gigi in einer WG mit 8 Frauen lebte, folgt nun eine intensive Abhandlung über die Gnade des Emirs, der Vater, Mutter, Arbeitgeber, Richter, Freund u.v.m. ist. Die soziale Situation der Einheimischen und Gastarbeiter wird ausführlich geschildert — ich hindere meinen Mann daran, über Dschidschi herzufallen.
Die im Programm angekündigte Fahrtdauer von 30 Minuten ist bereits weit überschritten. Herbert sitzt mit geschlossenen Augen neben mir und übt sich in Selbstbeherrschung. Aber er hat Puls 🥁. Besorgt fragt Gigi ihn, ob es ihm nicht gut gehe und versorgt ihn mit Wasser.
Wir können dann recht sachlich klären, dass die Fahrt sehr lange dauert, die Route unspektakulär ist und erfahren, dass sie das wohl so machen sollte….
Naja, wir kommen an der Klinik an und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Eintreffend am Empfang werden wir mit vielen anderen Menschen in einen Raum gepfercht und hören, dass wir 40 Leute werden sollen. So viel zu „kleiner Gruppe“.
Da hat Gigi aber die Rechnung ohne Herrn Visser gemacht‼️ Sehr schnell und eindringlich ist geklärt, dass wir das so nicht gebucht haben. Unsere Mitreisenden sind dankbar, dass Herbert sein Schwert dabei hat.
Und plötzlich löst sich alles in Wohlgefallen auf, wir haben unsere kleine Gruppe, einen tollen Guide für die Klinik und los gehts.
Nach umfangreichen anfänglichen Erläuterungen, bisschen anstrengend - weil alles in arabisch-englisch von statten geht, erreichen wir das erste Gebäude, indem etwa 25 Falken wohnen. Wir dürfen diesen Raum tatsächlich betreten und stehen sehr ehrfürchtig in einem beachtlich großen Vogelkäfig. Einige Kameraden drehen auch eine Runde.
Eine solche Gruppengemeinschaft ist recht ungewöhnlich, da sich Falken gegenseitig bekämpfen, sobald ein fremder Falke in das Revier des anderen gerät. Hier aber werden sie sorgfältig vorbereitet, es ist eine gemischte Gruppe - später Paarung nicht ausgeschlossen 🫶. Die Brautschau mit Werbung kann bis zu 7 Monate dauern. Während dieser gesamten Zeit, für die natürlich der Eigentümer die Hotelkosten trägt 😉, werden die Falken sorgfältig überwacht, während der Mauser ausfallende Federn 🪶 werden eingesammelt und katalogisiert.
Insbesondere die großen Schwungfedern müssen sorgfältig aufbewahrt werden, falls eine Feder an Flügel oder Schwanz bei einer Jagd bricht.
Diese wird dann in einem speziell entwickelten Verfahren durch eine zuvor gesammelte Feder teilweise oder ganz ersetzt.
Dann gehen wir weiter in den Kliniktrakt. Schon bald bestaunen wir durch große Scheiben einen OP-Bereich - als sich tatsächlich diese Türen für uns öffnen.
Wir dürfen eintreten.
Zunächst stehen wir im Wartezimmer für Falken. Mit Kunstrasen bespannte Balken, je Wartebereich 6 an der Zahl, sind mit insgesamt ca. 20 Vögeln besetzt. Alle habe ihr Häubchen auf und sind denkbar friedlich.
Hinter denWartebereichen befinden sich zwei OP-Säle, auf den OP-Tischen liegt jeweils ein Falke in Narkose.
Es sind keine großen Operationen geplant, „lediglich“ Maniküre steht auf dem Tagesprogramm.
Die Nägel werden abgeknipst, ähnlich wie bei Hund und Katze, aber dann wir die ganze Kralle sorgfältig scharf geschliffen, poliert und zum Schluss der ganze Fuß eingecremt.
Das ist sooo niedlich, wie liebevoll dort mit den Vögeln umgegangen wird.
Wir erfahren, wie ein Fuß geschient wird und wie Federn ersetzt werden. So einfach und dabei so genial. Und was gehört dazu? Deutsches Präzisionsmaterial: „Im Falle eines Falles, klebt Uhu wirklich alles!“
So auch Falkenfedern, ganz oder teilweise.
Dann wird die Narkosemaske abgenommen und während das Tier ganz langsam zu sich kommt, zeigt uns der Arzt ganz genau die Augen, den Schnabel und die Ohren.
Anschließend darf jeder der mag einen Falken auf der Faust sitzen haben. Und zu guter Letzt wird eine Wachtel serviert, und aus dem eben noch so zurückhaltenden Vogel wird ein Raubtier, der die kleine nackte Wachtel mit Stumpf und Stiel verspeist. 2 Wachteln sind die Tagesration!
Mahlzeit 😋 🍽️!
Versöhnt mit dem Erlebten kehren wir zum Bus zurück.
In den vergangenen 2 Stunden hat sich das Wetter merklich verändert. Angekommen bei strahlendem Sonnenschein ist die Luft jetzt verhangen, es ist merklich aufgebrist. Es sieht mächtig nach Sandsturm aus. Auf der Rückfahrt ist die Sicht deutlich eingeschränkt, aber wir kommen sicher wieder zurück aufs Schiff 🚢.
Beeindruckender Ausflug - auch wenn der Start ein wenig holprig war.
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